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Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen

Weder hier noch anderswo

In Europa wird weniger als 1% der Ackerfläche mit gentechnisch veränderten Pflanzen bestellt. Das ist gut so, denn die überwiegende Mehrheit der Europäerinnen und Europäer lehnt Gentechnik in der Landwirtschaft ab. Aber dies könnte sich bald ändern. Denn die Europäische Kommission wird dem „Ständigen Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Nahrungs- und Futtermittel“ in den kommenden Wochen vorschlagen, die Zulassung für den Anbau von drei gentechnisch veränderten Maissorten zu erneuern bzw. neu zu erteilen: Monsantos Mon810 Mais, Syngentas BT11 Mais, und Duponts TC1507. Alle drei produzieren Bt-Gift gegen den Maiszünsler und/oder sind gegen Pestizide resistent. Sie werden als Tierfutter verwendet.

Der Ständige Ausschuss, der sich aus Experten aus den Mitgliedstaaten zusammensetzt, kann den Vorschlag der Europäischen Kommission für rechtswirksam erklären oder blockieren, wenn er in der Abstimmung eine qualifizierte Mehrheit erzielt. Die erste Diskussion in diesem Ausschuss vor einigen Jahren in Bezug auf TC1507 und die Risiken, die mit dieser gentechnisch veränderten Pflanze für die Umwelt (insbesondere für Bienen) einhergehen, war außerordentlich kontrovers und führte dazu, dass die Kommission ihren Entwurf für eine Zulassung zurückzog.

Die Situation änderte sich jedoch im vergangenen Jahr, als die sogenannte „Opt-out“-Regelung in Kraft trat. Anhand dieser kann jeder Mitgliedstaat den Anbau eines gentechnisch veränderten Organismus auf seinem Gebiet verbieten, auch wenn dieser auf EU-Ebene zugelassen ist. 17 Mitgliedstaaten, darunter Deutschland, haben von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und GVO-Mais in ihrem Land verboten. Hierbei berufen sie sich auf die Risiken für die Umwelt, die lokale Wirtschaft oder den Ökolandbau.

„Es wäre nur logisch, wenn diese 17 Mitgliedsstaaten am 11. November im Ständigen Ausschuss die Zulassung der 3 GVO-Maissorten ablehnen, aber das ist ganz und gar nicht sicher. Sie könnten im Gegenteil sogar zu dem Schluss kommen, dass der damit verbundene Kampf den ganzen Ärger nicht wert ist, da ihr eigenes Land bereits geschützt ist. Das wäre ein unglaublich scheinheiliges Verhalten und würde den Umwelt- und Gesundheitsschutz auf EU-Ebene unterwandern. Gleichzeitig wäre es  ein großer Fehler: Ökologische Probleme machen keinen Halt vor Landesgrenzen“, sagt die grüne Abgeordnete Maria Heubuch.

In der Tat: Verschmutzung von Luft und Wasser durch Pestizide, die beim Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen zum Einsatz kommen, werden auch Auswirkungen auf die Nachbarländer haben. Genauso beunruhigend ist das Vorkommen von Teosinte in Spanien. Dieses Unkraut ist ein enger Verwandter von Mais und kann folglich Eigenschaften des in Spanien angebauten GVO-Mais Mon 810 in der Umwelt verbreiten – wie etwa dessen Insektengiftigkeit. Die Einschätzung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit, dass dieses Problem durch die spanischen Behörden unterbunden werden würde, entspricht schlichtem Wunschdenken: Das Ausmaß der Verbreitung von Teosinte in den letzten sieben Jahren ist erschreckend. Erst vor kurzem wurde Teosinte auch im Süden von Frankreich gesichtet, und es gibt keinen Grund dafür, dass es sich nicht weiter ausbreitet.

„Der Hintergedanke mancher Mitgliedstaaten ist inakzeptabel: Einerseits wollen sie keine gentechnisch veränderten Pflanzen, die ihre Umwelt verschmutzen. Andererseits würden sie akzeptieren, dass ihre EU-Nachbarländer oder afrikanische[1]  und südamerikanische Länder verschmutzt werden, nur damit sie ihre Nutztiere mit billigem GVO-Mais füttern können“, sagt der grüne Abgeordnete Martin Häusling.

Das Europäische Parlament hat am 6. Oktober 2016 drei Einsprüche[2]   gegen die drei Zulassungsvorschläge eingelegt. Die Verantwortung liegt nun in den Händen der Mitgliedstaaten.


[1] Das Europäische Parlament hat im Juni 2016 für einen Bericht gestimmt, der unter anderem den Einsatz der öffentlich-privaten Partnerschaft „Neuen Allianz für Ernährungssicherheit und Ernährung” kritisiert, die gegen den Willen der lokalen Regierungen die Verbreitung gentechnisch veränderter Pflanzen in Afrika forciert.

[2] Einspruch gegen das Inverkehrbringen von gentechnisch verändertem Mais der Sorte Bt11, von gentechnisch verändertem Mais der Sorte 1507, und von gentechnisch verändertem Mais der Sorte MON 810.<xml></xml>

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