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Sacharow-Preis für geistige Freiheit

Mehrheit der Abgeordneten stimmte für fünf Aktivistinnen und Aktivisten des Arabischen Frühlings

Fünf Aktivistinnen und Aktivisten des Arabischen Frühlings erhalten am heutigen 14. Dezember den Sacharow-Preis für geistige Freiheit des Europäischen Parlaments. Die überwiegende Mehrheit der Abgeordneten hat sich für diese Auswahl entschieden und damit ein wichtiges Zeichen gesetzt. Denn die Preisverleihung würdigt die Erfolge der Bewegungen in der Region in der jüngsten Vergangenheit und erinnert zugleich an die großen Herausforderungen, die die Menschen in den arabischen Staaten noch vor sich haben. Und sie ist auch ein Appell dafür, dass die EU ihre Außenpolitik hinterfragt und künftig stärker an den Menschenrechten orientiert.

Vielleicht hätte es diesen Frühling gar nicht gegeben, wenn sich Mohamed Bouazizi nicht aus Protest gegen die Erniedrigungen des Alltags selbst angezündet hätte. Der Tunesier, der posthum mit der Vergabe des Sacharow-Preises geehrt wird, zählt zweifellos zu den wichtigsten Personen des tunesischen Aufstands. Er hat einen großen Anteil daran, dass der Machthaber Zine el Abidine Ben Ali gestürzt und jetzt, genau ein Jahr nach seinem Tod und dem Beginn der Rebellion, ein Menschenrechtsverteidiger zum Präsidenten gewählt wurde. Die Würdigung der Ägypterin Asmaa Mahfouz erinnert an die große Bedeutung sozialer Netzwerke in den Bewegungen, zugleich mahnt sie die derzeitigen Machthaber am Nil an. Denn wieder werden dort Journalisten und Blogger verfolgt, und wieder gehen Sicherheitskräfte gewaltsam gegen Oppositionelle vor.   

Auf die weiterhin gewalttätige Lage in der Region verweist auch die Ehrung der drei anderen Aktivistinnen und Aktivisten. Der langjährige politische Gefangene Ahmed al-Zubair Ahmed al-Sanusi setzt sich im libyschen Nationalen Übergangsrat dafür ein, dass im Land demokratische Strukturen entwickelt werden. Die syrische Menschenrechtsanwältin Razan Zaitouneh sowie ihr Landsmann, der Satiriker Ali Farzat, kämpfen gegen eine Regierung, die mit aller Gewalt an der Macht festhält. Mindestens 5000 Menschen sind dem Regime von Bassar Al-Assad seit Beginn des Aufstands bereits zum Opfer gefallen, 40.000 sind in gefangen, viele von ihnen werden gefoltert.

In Tunesien, Ägypten und Libyen hat die EU lange Zeit die autoritären Machthaber unterstützt. Im Interesse guter Handelsbeziehungen und der Abwehr von Flüchtlingen hat das Bündnis hingenommen, dass Oppositionelle gefoltert und die Pressefreiheit mit Füßen getreten wurde. Europäische Unternehmen haben sogar die Waffen geliefert, mit denen Ben Ali, Hosni Mubarrak und Muammar al-Gaddafi gegen ihre Kritiker vorgegangen sind. Um so erschreckender ist es, dass nun ein deutscher Rüstungskonzern Panzer nach Saudi-Arabien liefern darf. In den neuen Demokratien muss die EU gegenteilige Signale senden. Sie muss sich dafür einsetzen, dass Reformen zur Stärkung der Menschenrechte umgesetzt werden und ihre Schranken für Migrantinnen und Migranten öffnen.

Gerade mit Blick auf Syrien ist es beschämend, dass die EU über ein halbes Jahr hat verstreichen lassen, bis sie effektive Sanktionen umsetzte  – 180 Tage, in denen zahlreiche Menschen auf den Straßen von Damaskus, Daraa und Homs zu Tode kamen. Hier muss Europa aus seinen Fehlern lernen: Es muss offen sein für Flüchtlinge, Abschiebungen nach Syrien stoppen und die Opposition aktiv unterstützen. Unternehmen, die Überwachungstechnologie in das Land exportieren, müssen ebenso in ihre Schranken gewiesen werden wie Firmen, die wie derzeit Siemens Großprojekte mit dem syrischen Regime planen. Denn wer Leute wie Razan Zaitouneh oder Ali Farzat für ihren Einsatz mit dem Sacharow-Preis würdigt und zugleich aus wirtschaftlichen Interesses an der Zusammenarbeit mit al-Assad festhält, macht sich zutiefst unglaubwürdig.

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Seit 1988 der Sacharow-Preis für geistige Freiheit vom Europäischen Parlament an Persönlichkeiten oder Organisationen verliehen, die sich für die Verteidigung der Menschenrechte und der Meinungsfreiheit einsetzen. Namensgeber ist Friedensnobelpreisträger Andrei Sacharow. Der Preis wird jährlich im Dezember in Straßburg verliehen und ist mit 50.000 Euro dotiert

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Zuständige Abgeordnete

Barbara Lochbihler
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MdEP

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