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Die wahren Kosten der Zement-, Stahl- und Chemieindustrie

Verfasst von True Price


Dieser Bericht bewertet die ökologischen und sozialen Kosten der Zement-, Stahl- und Chemieindustrie in der EU27. Ziel dieser Bewertung ist es, die ökologischen und sozialen Kosten dieser Industrien zu untersuchen. Darüber hinaus soll der Bericht Aufschluss darüber geben, ob Unternehmen in diesen Industrien, die umweltschädliche Praktiken anwenden, gegenüber Unternehmen, die sozial gerechte und ökologisch nachhaltige Zement-, Stahl- und Chemieprodukte herstellen wollen, einen unfairen Vorteil haben.

Auf die europäische Zementproduktion entfallen schätzungsweise 61.000 direkte Arbeitsplätze (Europäische Kommission, n.d.-a), auf die europäische Stahlindustrie schätzungsweise 330.000 direkte Arbeitsplätze im Jahr 2019 (EUROFER, 2020). Die Chemieindustrie (einschließlich Pharmazeutika, Gummi und Kunststoffe) der EU28 (EU27 plus Vereinigtes Königreich) hatte im Jahr 2015 schätzungsweise 3,3 Millionen direkte Beschäftigte (CEFIC, 2020-b). Demgegenüber waren im Jahr 2019 fast 200 Millionen Europäerinnen und Europäer erwerbstätig (Eurostat, 2020). Schätzungsweise 55 % von ihnen waren im verarbeitenden Gewerbe (16 %), im Groß- und Einzelhandel (14 %), im Gesundheits- und Sozialwesen (11 %), im Bildungswesen (7 %) oder in der öffentlichen Verwaltung und Verteidigung (7 %) beschäftigt (Eurostat, 2021).

Die Zement-, Stahl- und Chemieindustrie der EU ist zwar in den direkten Beschäftigungszahlen weniger stark vertreten, ist jedoch eng mit anderen Industrien verflochten, was sie zu einem wertvollen Bestandteil der Wirtschaft der EU27 macht. So ist der Bausektor derzeit stark auf die Zement- und Stahlindustrie angewiesen, da 35% des in der EU verbrauchten Stahls für den Bau verwendet werden. Darüber hinaus macht die Stahlnachfrage des Automobilsektors, der für 7 % des BIP der EU verantwortlich ist (Europäische Kommission, n.d.-b), 19% des EU-Stahlverbrauchs aus (EUROFER, 2020). Die Chemieindustrie stellt mehr als 70.000 verschiedene Produkte für alle möglichen Sektoren her, z. B. für das Gesundheitswesen und die Landwirtschaft (CEFIC, 2020). Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Zement-, Stahl- und Chemieindustrie der EU in vielerlei Hinsicht direkt oder indirekt zur EU-Wirtschaft beiträgt.

Gleichzeitig stehen diese energieintensiven Industrien wegen ihrer negativen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt auf dem Prüfstand. Diese Kosten sind nicht nur erheblich, sondern werden entgegen dem Verursacherprinzip auch von der Allgemeinheit und den künftigen Generationen getragen und nicht von der Industrie selbst. Ein Beispiel für solche Kosten für die Gesellschaft ist der Beitrag zum Klimawandel (z. B. aufgrund der CO2ä-Emissionen, die durch den hohen Energieverbrauch der Industrie und die Verwendung fossiler Brennstoffe verursacht werden). Eine Forschungsstudie von CE Delft zeigt, dass das EU-ETS-System, das zur Regulierung von Treibhausgasemissionen eingesetzt wird, energieintensive Industrien nicht dazu anregt, ihren ökologischen Fußabdruck zu verringern (CE Delft, 2021). Damit die EU ihre Klimaziele erreichen kann (Europäische Kommission, n.d.-c), müssen sich die derzeitigen Praktiken der Zement-, Stahl- und Chemieindustrie in der EU ändern. Um die EU-Klimaziele zu erreichen, müssen die gesellschaftlichen Bedürfnisse durch ein Angebot an Waren und Dienstleistungen gedeckt werden, das von Unternehmen und Organisationen bereitgestellt wird, die eine risikobasierte Sorgfaltsprüfung durchführen, um nachteilige Auswirkungen auf den wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Fortschritt im Zusammenhang mit ihren Tätigkeiten, Lieferketten und anderen Geschäftsbeziehungen zu vermeiden und zu beheben (OECD, 2018).

Die Fraktion der Grünen/EFA im Europäischen Parlament (Grüne/EFA) möchte die Schäden verstehen, die energieintensive Industrien den Menschen und dem Planeten zufügen, und ihren Übergang zu sozial verantwortlichen und ökologisch nachhaltigen Industrien beschleunigen. Die Grünen/EFA wollen dem Argument entgegentreten, dass die nachhaltige Produktion teurer ist als die konventionelle Produktion. Sobald negative externe Effekte berücksichtigt werden, zeigen die Ergebnisse eindeutig, dass diese Aussage falsch ist. Im Hinblick auf die Auswirkungen auf Mensch und Umwelt sind nachhaltige Technologien kostengünstiger als herkömmliche umweltschädliche Verfahren. Dieser Bericht enthält eine Bewertung der von der Zement-, Stahl- und Chemieindustrie der EU verursachten sozialen und ökologischen Auswirkungen, um dieses Argument zu unterstreichen. Um die Auswirkungen der Zement-, Stahl- und Chemieindustrie auf die Menschen und den Planeten zu erfassen, hat True Price für jede dieser EU-Industrien eine Bewertung der wahren Kosten vorgenommen. Darüber hinaus wurden Vertiefungsstudien über die umweltschädlichsten Stufen der Wertschöpfungskette für ausgewählte Produkte der Zement-, Stahl- und Chemieindustrie durchgeführt, um das Verständnis der Grünen/EFA für die Umgestaltung der EU-Wirtschaft zu unterstützen.

True Pricing trägt zu diesem Übergang bei, da es eine einzigartige Methode zur Quantifizierung und Darstellung der externen Kosten der Produktion darstellt. Die True-Pricing-Methode gibt einen mengenmäßigen Einblick in die direkten externen Kosten, die nicht in den Kaufpreis eines Produkts einfließen, aber dennoch von der Gesellschaft getragen werden – zum Beispiel von lokalen Gemeinschaften (Luft- und Wasserverschmutzung), von künftigen Generationen (Klimawandel) oder von Arbeitnehmer:innen (Gesundheits- und Sicherheitsrisiken). Das Ziel von True Pricing ist es, die externen Kosten der Produkte zu minimieren. Dies kann erreicht werden, indem Transparenz über die externen Kosten geschaffen wird und aufgezeigt wird, wie Industrien umgestaltet werden können, um ihre gesellschaftlichen Auswirkungen zu verbessern. Ergänzend dazu können staatliche Stellen die Senkung der externen Kosten durch Anreize (wie Steuern und Subventionen) erleichtern und beschleunigen.
 

 

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