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Meinung |

Kein Wohlfühlgipfel

EU-China-Gipfel

Von Reinhard Bütikofer MdEP

 

Wenn Kommissionspräsidentin von der Leyen und Ratspräsident Michel heute Chinas Ministerpräsident Li Keqiang zu einer elektronischen Variante des traditionellen EU-China-Gipfels treffen, dann gibt es nur eine Frage: Wohlfühlgipfel, ja oder nein? Substanzielle Ergebnisse sind nicht zu erwarten. Noch nicht einmal eine Liste der lange verhandelten Kooperationsvorhaben für die nächsten Jahre konnte verabredet werden, obwohl sie die wichtigsten Streitthemen ausgespart hätte. Eine gemeinsame Abschlusserklärung des Gipfels gibt es nicht.

Gegen Zusammenarbeit, wo diese im europäischen Interesse gut ist, ist nichts zu sagen, im Gegenteil. So wäre zum Beispiel intensivierte Kooperation im Kampf gegen den Klimawandel absolut wünschenswert. Allerdings bleibt hier die EU selbst hinter dem Notwendigen zurück und China hat seine klimapolitischen Ambitionen zu Gunsten von noch mehr Kohleenergiegewinnung zurückgefahren.

Nicht fehlen darf auf der Agenda und in der öffentlichen Kommunikation unserer Präsidentin und unseres Präsidenten allerdings die wachsende Zahl von Konfliktthemen. Nachdem das Europäische Parlament in seiner Resolution zu Hongkong klar Position bezogen hat, müssen von der Leyen und Michel der chinesischen Seite deutlich machen, dass die Beseitigung der Autonomie Hongkongs und die Einschränkung seiner Freiheiten von Seiten der EU nicht ohne Konsequenzen bleibt. Ebenso ist die verschärfte chinesische Aggression im südchinesischen Meer anzusprechen, wo die Beijinger Führung sich derzeit mit Malaysia, Vietnam, Indonesien und den Philippinen gleichzeitig anlegt. Es ist auch Zeit, wieder einmal klar zu stellen, dass aus EU-Sicht die von Beijiing angestrebte Vereinigung mit Taiwan nur friedlich und nicht gegen den Willen der TaiwanerInnen herbeigeführt werden darf. Von der Leyen und Michel sollen die brutale Unterdrückung und Ausbeutung der uigurischen Minderheit in China ansprechen; die Verschlechterung der Arbeitsbedingungen europäischer JournalistInnen in China; die rücksichtslose Verfolgung von Menschenrechtsverteidigern; das Vorgehen gegen chinesische Christen; die Tatsache, dass von den Verpflichtungen, die China vor einem Jahr beim EU-China-Gipfel eingegangen ist, viele unerfüllt geblieben sind. Und es sollte auch thematisiert werden, dass die chinesische Seite der EU wesentlich entgegen kommen muss, wenn das Investitionsabkommen bis zum Jahresende gelingen soll.

Nicht alles, was bei diesem Gipfel zu erörtern ist, wird öffentlich ausgebreitet werden können. Aber wenn Kritik nur hinter vorgehaltener Hand geübt wird und dann öffentlich der Eindruck entsteht, eigentlich gäbe es nur nebensächliche Eintrübungen einer grandiosen win-win-Partnerschaft, dann hat chinesische Staatsparteipropaganda gesiegt. Und die EU verloren.

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