Eine EU Fashion Revolution? Wieso die Fast Fashion-Industrie eine Kreislaufwirtschaft werden muss

Haben deine Socken bereits zwei Wochen nachdem du sie gekauft hast Löcher? Zögerst du, deine Lieblingsjeans zu tragen, weil sie bereits wieder “aus der Mode” ist? Oder hast du dich schon einmal gewundert, wie ein T-Shirt im Sommer-Schlussverkauf nur 1€ kosten kann?

Das ist Fast Fashion – schnelllebige Mode – und sie entwickelt sich zu einem Problem für uns Menschen und den Planeten. Wir glauben, dass es Zeit für eine Fashion Revolution ist!

Fast Fashion bedeutet Ausbeutung von Arbeitskräften und natürlichen Ressourcen. Lies hier, wie die Europäische Kommission plant, dieses Problem mit der EU Textil-Strategie zu lösen und was wir tun können, um die Fashion-Industrie zu einem Teil einer Kreislaufwirtschaft zu machen.

Die ultra Fast Fashion-Welt – Es ist Zeit für eine Fashion-Revolution

“Neu angekommen für den Herbst! Kauf jetzt unsere Frühlings-Sommer-Kollektion. Neues Jahr, neue Garderobe, neues Du!” Einmal Blinzeln – und du hast es verpasst. Die Geschwindigkeit, mit der Fast Fashion Labels Kleidung produzieren, verkaufen und wegwerfen ist wirklich erstaunlich. Fashion Weeks in London, Paris, New York und Mailand geben jedes Jahr mit einer neuen Auswahl an Modekreationen an. Diese Veranstaltungen befeuern die Nachfrage nach trendiger Kleidung, eine Saison nach der anderen. Mode wird schneller designed, produziert und verkauft als jemals zuvor.

2013 erschütterte das Ausmaß dieses Mode-Wettkampfs die Welt als die Rana Plaza Textilfabrik in Bangladesh kollabierte. Über eintausend Arbeitskräfte, die meisten davon Frauen, starben in dem größtem Textilfabrik-Unglück der Geschichte. Die Auswirkungen der Rana Plaza-Tragödie sind fast ein Jahrzehnt später immer noch spürbar. Die Fabrik produzierte Kleidung für Marken wie Prada, Gucci und Versace – ein paar der bekanntesten Fast Fashion Marken. Trotzdem verdienen die Arbeiter*innen weniger als 100$ im Monat.

Als Reaktion auf Rana Plaza hat sich die Fashion-Revolution Bewegung in mehr als 100 Ländern auf der ganzen Welt gebildet. Sie fordern mehr Transparenz und Verantwortung von Modemarken gegenüber ihren Arbeitnehmer*innen und der Umwelt. Im April gedenken wir den Opfern der Rana Plaza-Tragödie und fragen Fast Fashion-Marken: “Wer hat meine Kleidung produziert?”

Das Problem mit Fast Fashion – Wie wird unsere Kleidung gemacht?

Natürlich, zu wissen, wer unsere Kleidung macht, ist nur die Spitze des Eisbergs. Mit der Klimakrise vor unserer Türe, müssen wir uns auch fragen wie unsere Kleidung gemacht wird. Die Fast Fashion-Industrie ist bekannt dafür, Menschenrechte und Umweltstandards zu missachten – und Du musst nicht schon in den 90er-Jahren geboren sein, um vom Nike Sweatshop-Skandal mitbekommen zu haben.

Arbeiter*innen in der Fast Fashion-Industrie sind giftigen Chemikalien ausgesetzt, die für die Baumwoll-Verarbeitung verwendet werden. Giftige Substanzen werden auch für das Färben und Bedrucken von Stoffen eingesetzt, trotz ihrer schrecklichen Konsequenzen für die Gesundheit der Arbeitenden.

Und auch dem Planet geht es dabei nicht besser. Laut dem UN Umweltprogramm (UNEP) ist die Modeindustrie für ca. 8-10% der globalen CO2-Emissionen verantwortlich. Das Färben von Textilien ist der zweitgrößte Verursacher von verseuchten Wasserreserven. Außerdem wird der Anteil des verursachten Mikroplastik in Meeren durch Textilien auf rund 9% geschätzt. Zusätzlich wird die Herstellung von Fast Fashion von fossilen und nicht erneuerbaren Energien betrieben.

Wir müssen uns diesen unangenehmen Fragen stellen. Wie viele natürliche Ressourcen werden versucht, um unsere Kleidung zu produzieren? Wie viele Treibhausgase werden in die Luft freigesetzt für ein T-Shirt? Und wie viel Land wird von der Fashion-Industrie verbraucht, um die Baumwolle für die Wegwerf-Mode-Kultur zu produzieren?

Die wahren Kosten eines Baumwoll-Shirts – Was hat unsere Studie über Fast Fashion herausgefunden?

Gut, endlich haben wir ein paar Antworten! Die Grünen/EFA Fraktion im Europäischen Parlament hat eine Studie in Auftrag gegeben, um die wahren sozialen und umweltbezogenen Kosten der Fashion Industrie zu ermitteln. Wir haben soziale- und Umweltkosten eines Baumwoll-Shirts das in der EU produziert wurde mit einem T-Shirt verglichen, das außerhalb der EU hergestellt wurde.

Hier ist, was wir herausgefunden haben:

Die wahren Kosten eines Baumwoll-Shirts, das in Indien und Bangladesch produziert wurde, liegen bei 18.27€ in 2019. Diese Kosten stammen vor allem von Zwangsarbeit, Kinderarbeit, Biodiversitätsverlust durch Landnutzung und dem Grundwasserverbrauch.

Die wahren Kosten eines Baumwoll-Shirts, das in Griechenland und Italien produziert wurde, liegt bei nur 5.58€ in 2019. Der Haupttreiber für die Kosten ist der hohe Grundwasserverbrauch, um europäische Baumwolle bearbeiten zu können.

The external costs of cotton t-shirt production per value chain

The external costs of cotton t-shirt production per value chain

Source: Reducing the true cost of cotton T-Shirts study – commissioned by the Greens/EFA in the European Parliament.


Fast Fashion wird noch große Nachwirkungen haben. Jedes einzelne Kleidungsstück, das für die schnelllebige Modewelt produziert wurde, existiert noch immer irgendwo auf diesem Planeten in der ein oder anderen Form. Nur 1% unserer gebrauchten Kleidung wird zu neuen Kleidungsstücken recycled. Moderne Stoffe – wie Polyester, das aus Plastik besteht – sind fast unmöglich zu recyclen. Gemischte Stoffe können überhaupt nicht recycled werden. Das macht es besonders hart für Fair Fashion-Marken mit den Fast Fashion-Styles mitzuhalten. Nur ein Grund mehr, unserer Wegwerfkultur ein Ende zu setzen.

Was können wir tun, um Fast Fashion aus der Mode zu bringen?

Immer mehr und mehr Menschen wählen Slow Fashion und Kleidung aus zweiter Hand. Fair Fashion-Marken entwickeln langsamere Mode Konzepte basierend auf nachhaltigen und fairen Praktiken. Geschäfte für Secondhand-Kleidung sind im Kommen. Die Dinge entwickeln sich in die richtige Richtung. Aber die Bürde, Fast Fashion hinter uns zu lassen, sollte nicht nur den Konsumierenden aufgeladen werden.

Fast Fashion zu kaufen ist nicht immer eine Wahl. Bezahlbare Mode ist notwendig für Menschen mit geringen finanziellen Ressourcen. Die Nachfrage nach Fast Fashion wird nicht verschwinden, bis wir die Ungleichheit in unserer Gesellschaft als Ganzes besiegt haben. Eine Veränderung in der Modeindustrie kann nicht nur von Seiten der Konsument*innen ausgehen.

Wir brauchen strengere Gesetze, um die Bekleidungsindustrie davon abzuhalten, auf Kosten der Umwelt und von Arbeitsrechten zu produzieren. Wir brauchen sichere und nachhaltige Jobs in einer grünen Wirtschaft, damit der Bedarf nach Fast Fashion verschwindet. Die Antwort – für einen gesunden Planeten und die Sicherheit von Menschen – ist eine Veränderung in der Art der Produktion, der Nutzung und des Recyclings aller unserer Güter. Wir brauchen eine faire Kreislaufwirtschaft!

Aber was heißt Kreislaufwirtschaft?

Traditionelle Lebenszyklen von Produkten, die wir produzieren, verlaufen linear. Wir produzieren etwas. Wir benutzen es. Wir schmeißen es weg. Das gilt auch für unsere Kleidung und ist einer der Gründe, warum jede einzelne Sekunde das Equivalent von einem Müll-LKW gefüllt mit Kleidungsstücken verbrannt wird oder auf der Mülldeponie landet.

Ein lineares Produkt verbraucht während seiner sehr kurzen Lebensdauer viele natürliche Ressourcen und erzeugt schädlichen Müll. Nicht zu vergessen, dass die Herstellung dieses Produkts für unnötige Treibhausgase sorgt. Dieses Produktionsmodell ist einfach nicht nachhaltig.

Ein zirkuläres Produkt wird aus recycelten oder nachhaltigen Materialien hergestellt. Es ist so entworfen, dass es wiederverwendet und unkompliziert repariert werden kann. Am Ende seines Lebens wird es entweder recycelt oder sicher entsorgt, so dass es nicht schädlich für die Umwelt ist. Die Fertigung, die Nutzung und die Entsorgung werden zu einem Kreis.

Wir müssen ganzheitlich darüber nachdenken, wie gewisse Produktionsgänge miteinander verknüpft werden können. Zum Beispiel wie alte Autoreifen als neue Federmäppchen dienen können. Aber eine Kreislaufwirtschaft könnte auch ein Gewinn für Unternehmen und Konsument*innen sein: Wenn Müll verwendet werden kann, um neue Produkte herzustellen und gekaufte Kleidung länger verwendbar ist, können wir alle Geld sparen – und die Umwelt schützen.

Die Grünen/EFA-Europaabgeordnete und Vizepräsidentin Alice Bah Kuhnke über Fast Fashion, die Textilindustrie und wie wir bewusster konsumieren können.

Eine Kreislaufwirtschaft – können wir uns eine Welt ohne Fast Fashion vorstellen?

Die Art, wie wir unsere Kleidung herstellen, ist nicht nachhaltig und die Umstellung hat bereits begonnen. Die Europäische Kommission hat eine EU-Strategie für nachhaltige Kleidung vorgeschlagen. Diese Strategie zielt darauf ab, der EU zu einer klimaneutralen Kreislaufwirtschaft zu verhelfen. Produkte müssen somit für längerfristige Nutzung designed werden. Sie müssen wiederverwendbar, reparierbar und recycelbar sein und die Produktion muss energieeffizient sein.

Die neue EU Textil-Strategie soll den Modemarkt wettbewerbsfähiger gestalten. Endlich wurde versprochen, dass nachhaltige Prinzipien innerhalb der europäischen Modeindustrie ein Kernelement der Produktion, des Konsum und des Müllmanagements werden.

Natürlich ist diese EU-Strategie nur ein erster Schritt.

Weil Frauen die Mehrheit der Arbeitskraft ausmachen, brauchen wir einen gendergerechten Ansatz, um sichere Arbeitsbedingungen und faire Löhne zu garantieren. Wir dürfen also soziale Probleme wie Ungleichheit und Diskriminierung nicht ingorieren. Wir brauchen zudem strengere Regeln, nicht nur aus einer Umwelt- und Klima Perspektive, sondern auch aus einer sozialen Perspektive, um den Teufelskreis der Fast Fashion zu durchbrechen.

Wir haben seit Jahren eine nachhaltigere Mode-Industrie gefordert. Lies weiter, um zu erfahren, was die Grünen/EFA Fraktion von einer Fashion-Revolution fordern.

Lass uns den Kreis schließen – wir müssen die Kreislaufwirtschaft zum Standard machen

Die EU muss mit starkem Beispiel vorangehen, wenn es um den weltweiten Schutz von Umwelt und Menschenrechten geht. Fast Fashion zu beenden muss eine Priorität sein. Die Europäische Kommission muss die Kreislaufwirtschaft für Mensch und Planet mehr fördern.

Um Fast Fashion zu beenden und eine Kreislaufwirtschaft einzuführen, brauchen wir:

  1. Bindende, absolute Reduktionsziele für den ökologischen Fußabdruck der Modeindustrie innerhalb der EU, aber auch für den Konsum von Produkten, die außerhalb der EU hergestellt wurden
  2. Klare Regeln zur Einhaltung von Menschenrechten und Umweltschutz: Alle Unternehmen müssen ihre Lieferkette kontrollieren
  3. Verpflichtendes zirkuläres Produktdesign, das auf Wiederverwendung und Recycling existierender Stoffe abzielt
  4. Fairer Handel und faire Löhne für alle, die in der Fashion-Industrie arbeiten; unfaire Handelspraktiken müssen verboten werden
  5. Ein Importverbot von Produkten, die mit Zwangsarbeit hergestellt wurden
  6. Unterstützung von Bio-Baumwoll-Produktionen und angebrachter Wasser- und Müllbeseitigung, um die Kosten der Baumwoll-Kultivierung zu senken
  7. Voraussetzungen für die Einschränkung, das Testen und die Offenlegung von Chemikalien in unserer Kleidung aber auch von Chemikalien, die während des Produktionsprozesses eingesetzt werden
  8. Die Zerstörung von allen unverkauften und zurückgegebenen Kleidungsstücken muss verboten werden. Es muss außerdem Möglichkeiten geben, Produzent*innen dafür verantwortlich zu machen, weggeworfene Kleidung wieder einzusammeln
  9. Wir brauchen einen gendersensiblen, intersektionalen Ansatz durch die ganze Lieferkette, um besonders verwundbare Arbeiter*innen zu schützen.

Sei Teil der Kreislaufwirtschaft und hilf uns, sie zum Regelfall zu machen!

Wir, die Greens/EFA Fraktion, kämpfen für eine nachhaltige Modeindustrie.

Was ist eine Kreislaufwirtschaft?

  • In einer Kreislaufwirtschaft wird alles, was wir nutzen, so produziert, dass es einfach ist, es zu reparieren, zu teilen, wiederzuverwenden und zu recyceln.
  • Durch größere Produkttransparenz können Konsument*innen nachhaltige Kaufentscheidungen treffen und weniger kaufen
  • Eine zirkuläre “Reparier”-Wirtschaft generiert Jobs und Möglichkeiten und verringert dabei die Menge an Chemikalien und Land, die für die Produktion verwendet wird.